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SCHWARZE GEWäSSER

"Wenn dunkel wird das Wasser um dich,"
"Tropf!"
"Ganz still, und faulig der Gestank,"
"Tropf!"
"Wenn Fische sterbend oben treiben,"
"Tropf!"
"Dann hat es dich in seiner Hand."
"Tropf!"
"Ganz leise wird es dich umkreisen,"
"Tropf!"
"Des Wassers Kräuseln merkst du nicht."
"Tropf!"
"Doch plötzlich wird es dich fest packen,"
"Tropf!"
"Und du verschwindest unters Licht."
"Tropf!"

"Habt ihr es gehört?", fragte Arthur verängstigt.
Seine beiden Begleiter wechselten belustigte Blicke.
"Waren da schon wieder Stimmen?", erwiderte Tom spöttisch.
Der Dritte im Bunde, Rich, knuffte den kichernden Tom an die Seite und grinste verschwörerisch. "Ho-ho", sprach er mit gespielt tiefer Stimme, "das böse Wasserungeheuer kommt um uns zu holen."
Tom und Rich krümmten sich vor Lachen. Ihre Stimmen hallten laut von den feuchten Wänden der Abwassersysteme und wurden von unzähligen Echos in die Dunkelheit begleitet. Weiterlesen weiterlesen

DER KLEINE STERN

Der kleine Stern, inmitten all der schwarzen Leere,
Er leuchtet schwach und traut sich mehr im Dunkeln nicht.
Wenn andere doch nur an seiner Seite wären,
Würd heller scheinen seines Glanzes Licht.

Und so verscheucht er Jahre und Jahrzehnte
Und hofft, dass jemand ihm alsbald zur Seite steht.
Verbringt sein Leben still und ruhig bis zur Rente
Und wundert sich, dass keiner kreuzet seinen Weg.

Die Zeit vergeht, er steht vor dem Erkalten,
Da denkt sich unser alter, müder, schwacher Stern,
Ich wart so lange schon, um Freunde zu erhalten,
Doch keiner kam vorbei und sagte mir er hätt mich gern.

Ein letztes Mal noch, sagte er ganz sauer,
Glüh ich hell auf, verbrauche meine letzte Kraft,
Und reise ein die dichte, dunkle Mauer,
Hinfort mit Finsternis, die um mich herum so lange klafft.

Gesagt, getan, er strahlt nun wie die Sonne,
Doch was war das, er ist ja nicht allein,
Erleuchtet stark von seiner Todeswonne,
Sieht er Millionen Sterne an sich reihn.

Auch sie umschloss die Angst mit großem Schrecken,
Und zitternd saßen sie in stiller Dunkelheit,
Doch unser Stern vermochte hier zu wecken,
Sie treffen sich, vom Nächsten gar nicht weit.

Was bleibt noch Restliches zu sagen,
Als dass der Stern verglühte und verschwand.
Doch hatte er mit seinem braven Wagen
Vereinigt alle Sterne Hand in Hand.

WARUM DER MAIER BLUMEN LIEBT

Erik Maier. 48 Jahre alt. Beamter. Vater von zwei Kindern. Geschieden. Die schönste Zeit in Eriks leben ist der Sommer. Da Herr Maier sehr sparsam lebt, keinen Urlaub macht und aufgrund des Alters seinen Kindern auch keine Alimente mehr zahlt, benötigt er nicht viel Geld zum Leben. Aus diesem Grund, gönnt er sich jeden Sommer auch einen verlängerten unbezahlten Urlaub von drei Monaten. In dem Amt ist während des Sommerlochs nicht besonders viel zu tun, deswegen sind seine Vorgesetzte eher dankbar für dieses beispielhafte Entgegenkommen seitens eines Mitarbeiters. Die Miete seine Zweizimmerwohnung ist recht günstig, natürlich ist die Behausung von der Gemeinde zu besonderen Konditionen bereitgestellt worden. So stört es Herr Maier nicht besonders ein Vierteljahr nicht in seiner Wohnung zu verbringen.
Auch dieses Jahr ist es nun endlich soweit, heute ist der erste Juni – Herr Maiers Erholungszeit beginnt. Weiterlesen weiterlesen

RITTER RUDOLFO

Unser tapferer Ritter Rudolfo reitet auf seinem edlen Ross, Jack, nichtsahnend durch die karge Winterlandschaft der westlichen Ausläufer der Borgaberge. Warm eingemummt in einen dicken Pelzumhang träumt er vom warmen Honiggrog und vollbusigen Schenkenschönheiten. Der Jack phantasiert analog zu seinem Besitzer von frischen Möhrenbündchen und rassigen Hochlandstuten.
Beide erfreuen sich der angenehmen Ruhe und der frischen Landluft. Als plötzlich aus der Ferne ein schwacher Ruf zu vernehmen ist: "Hilfe! Hört mich denn niemand? Zu Hilfe!" Weiterlesen weiterlesen

VON GELD UND FREUNDEN

"Bist du bereit?", fragte Mick seinen Nebenmann.
"Gib mir noch einen kurzen Moment. Ich würde mich gerne von der Welt verabschieden!", antwortete eine gereizte Stimme.
Mick rutschte weiter nach hinten und machte es sich auf dem Geländer bequem. Immer das Selbe, dachte er, egal was wir machen, ich muss immer auf Jo warten. So läuft es schon seit dreizehn Jahren.
Damals haben sich die beiden Jungs mit sechs Jahren im katholischen Kindergarten kennengelernt und sind seit dem unzertrennliche Freunde geworden. Sie haben mit zwölf Jahren gemeinsam am ersten Joint gezogen. Haben sich mit dreizehn zusammen das erste Mal vollaufen lassen. Und mit vierzehn ihre ersten Mädels geteilt. Natürlich war Mick immer derjenige, der den ersten Schritt machte und den Anderen mitzog. Jo, laut Geburtsurkunde Johannes genannt, war eher jemand der sich erst mal alles genau überlegen musste, ein Mensch der zuerst einen Plan ausarbeitete bevor er sich in irgendetwas hineinstürzte. Mick dagegen war der absolute Draufgänger und Raufbold. Er schlug erst zu und klärte danach die offenen Frage. Auf diese Art und Weise hatte er die Beiden schon unzählige Male in Schwierigkeiten gebracht, doch mit Jos Verstand um Micks Schlagkraft, schafften sie es immer wieder sich aus jeder prekären Situationen heraus zu winden. Weiterlesen weiterlesen

POLLYS HOCHZEITSTAG

"Meinst du er wird mich mögen?"
"Natürlich. Wer mag dich denn nicht? Er wird dich lieben!"
"Aber denkst du nicht, dass er mehr von mir erwartet als ich ihm geben könnte? Es ist wird schließlich unsere erste Nacht."
"Mach dir keine Sorgen, ich bleibe ständig in deiner Nähe und pass auf dich auf. Wenn er zudringlich wird, werd ich mich schon um ihn kümmern."
"Ich danke dir. Es ist wirklich schön dich bei mir zu haben."
"Hör bitte mit diesem Gesülze auf, du weißt doch, dass ich so was hass!"
"Tut mir leid, ich wollte dich nicht kränken. Ich mache immer alles falsch..."
"Sei still! Benehm dich nicht wie ein Kind."
"Schluchz..."
"Ich hab es nicht so gemeint. Komm, alle warten schon auf dich. Es wird wunderschön werden."
"Wirklich?"
"Mit Sicherheit. Und ich halt immer mein Wort."
"Ok. Wie sitzt das Kleid?"
"Perfekt. Du wirst die schönste Braut auf der Welt sein."
"Vielen Dank. Ich denke, ich bin nun bereit."
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KLARE SICHT

1.

"Einen schönen Tag, mein Schatz. Bis heute Abend", verabschiedet sich seine Frau Claudia. Hermann Berger umarmt sie, gibt ihr einen flüchtigen Kuss und begibt sich zu der ausladenden Ausfahrt der neuen Villa. Er schaut auf seine Uhr, es wird wieder knapp, in nur einer halben Stunde muss er im Büro bei der Besprechung sein. Der Weg von seinem Vorort, bis in die Stadt dauert normalerweise alleine schon fünfundvierzig Minuten. Doch sie würden schon auf ihn warten, schließlich ist er der aufsteigende Star der Rechtsanwaltkanzlei. Er steigt in seinen neuen nachtschwarzen Porsche ein, dreht den Schlüssel um und gibt Gas. Der vierhundert PS starke Motor heult auf und erschreckt eine getigerte Katze, die im Garten des Nachbarn in der Morgensonne gedöst hatte.
Als er vom Armaturenbrett aufblickt, sieht er seine Frau die Stufen des Hauses heruntereilen. Sie winkt ihm zu und hält etwas in der anderen Hand. Durch das Brüllen des Motors versteht er zwar ihre Worte nicht, erkennt aber die kleine hellbraune Papiertüte, die er oft morgens vergisst. Diese enthält sein gesundes Mittagsessen, von Claudia liebevoll zubereitet. Doch leider nach einem cholesterinarmen Rezept: keine Mayonnaise, keine Fleischprodukte und folglich auch keinen Geschmack. Sie macht sich sorgen um seine Gesundheit, dafür ist er ihr sehr dankbar. Doch diesen Fraß würde er nicht mal anfassen wenn der Tod persönlich ihn zwingen würde.
Er kurbelt das Fahrerfenster herunter, nimmt in gespielter Dankbarkeit die Tüte entgegen, küsst seine Frau zum wiederholten Mal und rast gewohnheitsgemäß rückwärts aus der weitläufigen Ausfahrt.
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DER PLASTIKMENSCH

Einst brannt die Erde, löschte Leben.
Was folgte, war das letzte Soll,
Rasch schaffte man sich zu erheben,
Auf zu den Sternen, Schiffe voll.
Die Reise weit, der Weg gefährlich,
Wo viele Menschen, da viel Groll.
Der Kampf um Macht, nicht immer ehrlich,
Mit Schaden war bezahlt der Zoll.

Saturn, und dann scharf um die Ecke,
Verborgen in dem dunklen Raum,
Liegt dort gerollt wie Erdenschnecke,
Verschmolzen mit dem Farbenschaum,
Der matte Glanz einst stolzen Feste,
Davor bewohnt von Seelen reich,
Doch nun, es häufen sich die Reste,
Verschwunden all des Lebens Weich.

Man schwebt nun näher an den Kreisel,
Metall wohin dein Auge schaut.
Vor langer Zeit sich selbst als Geisel,
Erstarrt, was Menschenhand erbaut.
Maschinen schweigen, dunkle Stille,
Kein Lebewesen mehr an Bord.
Zu schwach des Sterblichen der Wille,
Entweder starb er, sonst flog fort.

Schau dort, ein Klang ist hell zu hören,
Im Rumpfesinneren und deutlich nah,
Befangenheit, darf man die Toten stören,
Genügt der Schmerz nicht, denn man sah?
Doch Neugier ist ein Gegner schweren Schlages
Und lockt mit allerfeinster Fantasie,
So auf, sonst reuet es doch eines Tages
Erwarten mag, was sah ein andrer nie.

Durch Schleusen, Trümmer, Barrikaden,
Durch Tränen, Angst, Verfall und Pein,
Bewegt man sich auf steifen Waden,
Bedenkt dabei des Menschens Sein.
Erreicht ist bald die eine Stelle,
Erkannt wird hier die letzte Wacht.
Kriecht dort, beschienen durch der Monde Helle,
Ein Androidenkörper durch den Schacht.

Ein Roboter, wie er einmal zum Dienen,
Erschaffen wurde, millionenfach kopiert,
Konnt er der gnadenlosen Zeit entrinnen,
Beschädigt zwar und virulent verwirrt.
Doch ist er da und wird es nicht lang dauern,
Dann baut er seine kranken Welten auf.
Er wächst im Schutze dieser starken Mauern,
Nimmt keine Kompromisse mehr in Kauf.

TRäUMEND

die bunten tiere tanzen fröhlich ringelreihen
der rote fuchst grinst mir schelmisch zu
es teilen sich die grünen pflanzenwälder
die gelbe sonne brennt erbarmungslos hinzu
die wüste glüht und flimmert mit der stauben luft
drei glitzergoldensterne werfen strahlen
die blauen augen schweben in dichten rudeln
der schmale weg verliert sich zwischen groben felsen
feige soldaten versperren alle straßen
die tigerkatze ist alleine unterwegs
die graue maus entschwebt mit schirmes hilfe
es schneit, die rosa blüten fallen unentwegt
klares wasser sucht sich neue richtung
digitale zahlen schweben hoch hinauf
eine gestalt bewegt sich durch die welten
ergraute kinder weisen richtung kelten

GEDRäNGT IN DIE SELBSTSTäNDIGKEIT

Kein Bock mehr zu suchen, zu betteln, zu stottern, mich unter Wert zu verkaufen, in die arroganten Gesichter zu blicken und dabei möglichst nicht zu grinsen. Habe echt keine Lust mehr bei den ganzen banalen Kinderspielchen mit zu machen.

Zum Beispiel:
Lassen wir denn Bewerber doch mal etwas länger in dem leeren Raum warten und beobachten unbemerkt per Kamera wie er sich verhält. Psychologie nennt man sowas, P-S-Y-C-H-O-L-O-G-I-E, meine Herren - ich bin zu tiefst beeindruckt!

Oder:
Knallen wir doch mal den Anwesenden gleich am Anfang mit unzähligen Informationen und bescheuerten IT-Fachbegriffen zu. Mal schauen wie er reagiert: ob er nun anfängt zu heulen - weil er sich klein und dumm vorkommt, denn die Hälfte von dem Gesagten hat er nicht verstanden, wir selber natürlich auch nicht - oder ob er sich vor Lachen auf dem glänzenden Parkettboden windet - weil er unsere irrsinnige Strategie durchschaut hat?
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